MARIÄ HIMMELFAHRT

Geschrieben am 15.08.2020
von Joachim Heisel


Heute feiert die Kirche das Fest Mariä Himmelfahrt. Das Fest ist staatlicher Feiertag in zahlreichen Ländern, in Deutschland in überwiegend katholischen Gegenden Bayerns und im Saarland. In der Ostkirche trägt das Fest den Namen „Hochfest des Entschlafens der allheiligen Gottesgebärerin“ und wurde dort seit dem Konzil von Ephesus im Jahre 431 gefeiert. Im Konzil von Ephesus wurde das Dogma (Anm. verbindlicher Glaubensinhalt) von Maria als „Gottesgebärerin“ (griech. Theotokos) für die ganze Kirche festgelegt. In der lateinischen Kirche wird das Fest Mariä Himmelfahrt seit dem 7. Jahrhundert gefeiert.

Im Jahre 1950 wurde die Himmelfahrt Mariens von Papst Pius XII. nach einer weltweiten Befragung aller Bischöfe zum Dogma erklärt. Damit wurde der Glaube des Gottesvolkes durch die Jahrhunderte von der Kirche feierlich bestätigt. Manche Katholiken hielten das für nicht zeitgemäß und überflüssig. Der Psychiater C.G. Jung (1875-1961), Begründer der analytischen Psychologie, hingegen feierte das Dogma als geniale Antwort der Kirche auf das weitverbreitete Lebensgefühl des Nihilismus und als wichtigen Beitrag zur Emanzipation der Frau.

Nach biblischer Auffassung gehört der Tod nicht zur eigentlichen Natur des Menschen. Der Tod ist Folge der Sünde, der Abwendung von Gott (vgl. Gn 3,3). Weil Maria als Mutter Gottes von allem Anfang an ohne Sünde war, hatte der Tod keine Macht über sie. Deshalb wurde sie mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen. So die Lehre der katholischen und orthodoxen Kirche bis heute. Im Protestantismus wurde diese Überlieferung nicht fortgesetzt.

Die Barockkunst hat gerade in Bayern Mariä Himmelfahrt häufig als Altarbild dargestellt. In der Klosterkirche in Rohr/Niederbayern ist hinter dem Altar die Szene figürlich dargestellt. Maria schwebt von Engeln getragen gen Himmel und unten schauen die Apostel verdutzt und gleichzeitig wie in Ekstase in ein leeres Grab (vgl. Internet). Egid Quirin Asam (1692-1750) hat zwischen 1717 und 1723 ein hinreißendes Kunstwerk geschaffen, das jeden in seinen Bann zieht, der es anschaut – auch wenn er ungläubig ist.

Der Begründer der Soziologie Georg Simmel (1858-1918) schrieb in seinem Kapitel über die Religion: Es war für den Menschen des 13. Jahrhunderts genauso schwer an eine Jungfrauengeburt zu glauben wie für den heutigen Menschen. Wir sind heute mit Recht sehr wissenschaftsgläubig, denn die Wissenschaften haben uns einen enormen Fortschritt gebracht, besonders die Naturwissenschaften. Die Wissenschaft erklärt aber nur einen Teil der Wirklichkeit. Über den Sinn unseres Leben kann sie uns nur fragmentarisch Auskunft geben. Es ist richtig, wenn der heutige Mensch nicht mehr auf die Technik der Dampfmaschine setzt sondern auf neuere Techniken. Wenn es um die rationale Sinndeutung seiner Existenz geht, ist der Mensch des 21. Jahrhunderts aber kaum einen Schritt weiter als die Menschen früherer Zeiten. „Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde als eure Schulweisheit sich träumt“, sagt Horatio im Drama Hamlet (1.Akt, 5. Szene) von William Shakespeare (1564-1616).

Der postmoderne Mensch hat nach all den Enttäuschungen des 20. Jahrhunderts vielfach beschlossen, an nichts und niemanden mehr zu glauben. Damit verschließt er sich einer übernatürlichen Erkenntnis, die über den Horizont seines naturwissenschaftlichen Weltbildes hinaus geht und verzichtet damit auf eine wichtige Erkenntnisquelle zur Erleuchtung seines letzten Lebenssinnes, die aus der christlichen Offenbarung für ihn kommen könnte. Wir können mit unseren technischen Mitteln Krankheit und Tod erträglicher machen als früher, aber auf die Frage nach dem letzten Sinn unseres Lebens oder von Krankheit, Leid und Tod haben wir mit unserer bloßen Vernunft keine bessere Antwort als die Menschen vor 2000 Jahren.

Vor einer Woche hatte ich Gelegenheit, den wunderbaren Marienaltar von Tilmann Riemenschneider ( 1460-1531) in Creglingen zu sehen. Er zeigt, wie Maria von Engeln in den Himmel getragen wird. Das Antlitz  Mariens strahlt Liebreiz  und Ruhe aus . Immer um den 15. August herum fällt das volle Abendlicht durch die Westrosette der Herrgottskirche, wo der Altar steht. Dann erstrahlt das Antlitz der Gottesmuter in einem milden silbrigen Licht.

Fjodor Dostojewski  (1821-1881), der grosse russische Schritsteller,  wurde einmal gefragt, warum er immer wieder nach Dresden zurückkehre, um stundenlang vor Rafaels Sixtinischer Madonna zu verweilen. Er antwortete: Damit ich am Menschen nicht verzweifle.

Was sagt uns Mariä Himmelfahrt heute?

Diese Botschaft kündet uns davon, dass Maria, ein Mensch wie wir, eine Frau, ihr Ja-Wort gegeben hat für das Kommen des Sohnes Gottes in diese Welt. Was mit ihr an Mariä Himmelfahrt geschah, ist eine Verheißung auch für uns. Auch wir sind dazu berufen, einmal für immer bei Gott zu sein. Das haben die Menschen vor 1700 Jahren geglaubt und warum sollten wir es  heute nicht glauben (dürfen)?

Der Mensch besteht aus Leib und Seele. Seele und Leib, der ganze Mensch, ist zur Fülle des Lebens berufen. Allein deshalb schon besitzt der Leib nach christlichem Verständnis eine besondere Würde. Er ist jetzt schon Tempel des Heiligen Geistes und soll dereinst der ewigen Anschauung Gottes teilhaft werden.

So sagt der heilige Paulus im ersten Korintherbrief:

Wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt und den ihr von Gott habt? Ihr gehört Euch nicht selbst, denn um einen teuren Preis seid ihr erkauft worden. Verherrlicht also Gott in eurem Leib (1 Kor 6,19).

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