UM DES HIMMELREICHES WILLEN

Geschrieben am 02.09.2020
von Joachim Heisel


Bei seiner Rede über die Ehe stellt Jesus am Schluss fest, dass es auch Menschen geben wird, die keine Ehe eingehen: „um des Himmelreiches willen“ (vgl Mt 19,1-11) Als gläubige Christen kommen wir an diesen Worten Jesu nicht vorbei. Die Tradition der Kirche hat seit über 2000 Jahren in der Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen ein besonderes Charisma (Gnadengabe) gesehen.

Im Konzentrationslager Auschwitz war angeblich ein Häftling geflüchtet. Als Vergeltung bestimmte die SS-Wachmannschaft unter anderen einen verheirateten Familienvater für den sogenannten Hungerbunker, aus dem niemand mehr lebend herauskam. Es war Franciszek Gajowniczek, der zuhause eine Frau und zwei Söhne hatte. Er brach in lautes Weinen aus wegen sich und seiner Familie. Da trat der Franziskanerpater  Maximilian Kolbe vor und sagte, er wolle freiwillig statt des Familienvaters in den Bunker gehen. Am 31.Juli 1941 wurde er in den berüchtigten Hungerbunker gesperrt. Dort betete er mit seinen Leidensgenossen und tröstete sie; bis er am 14. August mit drei anderen Verurteilten, die noch nicht verhungert waren, mit einer Phenolspritze getötet wurde. Pater Maximilian Kolbe wurde am 10. Oktober 1982 durch Papst Johannes Paul II. heiliggesprochen. Er war verhaftet worden, weil er in seinem Klosterdorf 2300 Juden und weiteren Ukrainern Unterschlupf gewährt hatte.

In der Zeit von 1933 bis 1945 wurden in Deutschland 3000 katholische Priester verhaftet, weil sie dem gottlosen NS-Regime Widerstand leisteten. Viele von ihnen starben in den Konzentrationslagern oder an den Folgen ihrer Haft. Am 15. September 2019  wurde Pater Richard Henkes in Limburg seliggesprochen. Er war verhaftet worden, weil er in seinen Predigten die Untaten des NS-Regimes öffentlich anklagte. Er ließ sich freiwillig im berüchtigten Block 17 im Konzentrationslager Dachau einschließen, um sich um typhuskranke tschechische Lagerhäftlinge zu kümmern. Kurze Zeit darauf starb er am 22.Februar 1945 selbst an Typhus.

Man darf sich fragen, ob diese beiden Glaubenszeugen und Märtyrer der Menschlichkeit und viele andere verantwortlich  solche Entscheidungen zum Widerstand und heroischer Nächstenliebe hätten treffen können, wenn sie Frau und Kinder gehabt hätten.Sie lebten die Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen“ (Zölibat). Das gab ihnen die Kraft und die Möglichkeit so zu handeln und ein solches Zeugnis abzulegen.

Wir leben derzeit in einer weichgespülten Gesellschaft, in der solche Entscheidungen auf Leben und Tod  in dieser Form - Gott sei dank- nicht anstehen. Sollten die Zeiten sich einmal ändern, aber auch heute schon  brauchen Kirche und Staat wieder solche Männer und Frauen wie Maximilian Kolbe und Richard Henkes und die vielen anderen aus dieser Zeit. Dies sollte bei der Diskussion um die „Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen“ (Zölibat) nicht vergessen werden.

Genauso wie die von Christus geforderte lebenslange Ehe ist „Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen“ „politically incorrect“. Aber man sollte in diesem Zusammenhang auch ein anderes Wort Christi nicht vergessen. Er sagte nämlich  zu seinen Jüngern: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht, denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen (Joh 15,5)“. Erst die enge Verbindung mit Christus im Gebet und auch in den Sakramenten der Kirche macht es bei aller menschlichen Schwäche möglich, dass solches Leben den Menschen tief innerlich erfüllen kann und dass ein solches Leben gelingt. Es wird dabei sicher nicht an Erfahrungen von Schwäche, Kreuz und Enttäuschungen fehlen, aber auch nicht die  Erfahrung, die Christus an anderer Stelle vorausgesagt hat: „Mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht (Mt 11,30)“.

Es gibt viele Menschen im Laufe der langen Geschichte der Kirche, die diese Erfahrung gemacht haben. Einige von ihnen hat die Kirche heiliggesprochen.

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