ARMUT

Geschrieben am 11.12.2021
von Joachim Heisel


In der Antike gab es Mythen von Göttern, die zu den Menschen herabkamen und in ihr Leben eingriffen.  Aber ein Gott, der in  Leid und Tod der Menschen eintaucht, war den Menschen von damals unvorstellbar und auch heute sind wir versucht, das als Mythos aus vergangener Zeit abzutun. Ein Gott, der arm auf die Welt kam und bei einer Hinrichtung starb, war und ist ein Ärgernis. Paulus sagt es im ersten Korintherbrief: „Wir dagegen verkündigen Christus als den Gekreuzigten: für die Juden ein empörendes Ärgernis, für Heiden eine Torheit“ (1 Kor 23). Und doch hat diese Botschaft die Welt bis auf den heutigen Tag revolutioniert.

Es ist erstaunlich und verstörend, dass dieser Christus, der angekündigte Messias, in völliger Armut in die Welt kam, als wäre das sein Markenzeichen. Beim Evangelisten Lukas heißt es über die Geburt Jesu lakonisch, dass Maria  ihren Sohn gebar und in Windeln gewickelt in eine Krippe legte, da in der Herberge kein Platz war (vgl. Lk 2,7). Der Evangelist Johannes schrieb später dazu: Er kam in sein Eigentum, doch die Seinen nahmen ihn nicht auf (Joh 1,11).

Von Anfang an und auch später  ist Jesu Leben in Armut seine Botschaft. Als  ein Mann sich ihm anschließen will, sagt er zu ihm: „Die Füchse haben ihre Höhlen und die Vögel ihre Nester; der Menschensohn aber hat keinen Ort, wohin er sein Haupt legen kann“ (Lk 9,58). In der Synagoge von Karphanaum sagt er: „Ich bin gesandt, um  Armen die frohe Botschaft zu verkünden“ (vgl. Lk 4,18).

Reichtum kann uns unfrei machen. Wer reich ist, hat vor allem Angst seinen Reichtum  zu verlieren. Deshalb sagt Jesus:

Sammelt euch nicht Schätze hier auf der Erde, wo Motte und Wurm  sie zerstören und wo Diebe einbrechen und sie stehlen, sondern sammelt euch Schätze im Himmel, wo weder Motte noch Wurm sie zerstören und keine Dieb einbrechen und sie stehlen. Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz (Mt 6,19-21).

Armut an irdischen Gütern macht uns freier für das Leben  mit Gott, das unserer  leiblichen  Natur ohne die Gnade einer übernatürlichen von Gott verliehenen Sichtweise verborgen bleibt. Armut scheint eine Bedingung für die Botschaft Jesu zu sein. Wir alle sind in der Gefahr, dass unsere materielle Sattheit unsere geistige und geistliche Armut überdeckt.

Ich habe immer wieder erlebt, wie arme Leute anderen Armen geholfen haben, weil sie wussten, was es heißt, arm zu sein. Wer arm ist, spürt die eigene und die fremde  Bedürftigkeit. Und die brauchen wir, um die Botschaft von Advent und Weihnachten zu verstehen, denn wer alles hat, dem kann man nichts mehr schenken, das ihm Freude machen könnte.

Deshalb richtet sich die Botschaft  Jesu zuerst an einfache Menschen, an arme Leute, Hirten vom Felde, die außer  ihren Tieren nichts besitzen und die sich nichts dabei denken als sie als den verheißenen Messias ein neugeborenes  Kind in Windeln vorfinden.

Sollen wir nun alles verkaufen, alle Versicherungen kündigen und unser Geld verschenken oder alles ausgeben, auch damit es nicht von der Inflation aufgefressen wird? Es gab und gibt auch heute immer wieder Menschen, die auf Grund einer besonderen Berufung  Zeichen setzen für eine radikale Armut  z.B. der heilige Franziskus oder in unseren Tagen Mutter Teresa und viele Ordensleute, Männer und Frauen auf der ganzen Welt.

Es geht  Jesus aber vordringlich nicht darum, nichts zu haben, denn ohne Besitz könnte niemand eine Familie gründen oder einen eigenen Haushalt unterhalten. Es geht vielmehr darum, wie wir mit Geld und Besitz umgehen und „wo unser Herz ist“. 

Wir können uns bei unserem Gang zur Krippe während des Advents in materieller und geistiger Armut einüben und damit den Kopf von übertriebener Sorge fürs eigene  Materielle frei machen. Wir können Verzicht leisten zugunsten Bedürftiger und ihnen von unserem Geld abgeben.

Wir können auch darauf verzichten, immer Recht zu haben und immer das letzte Wort und uns so frei machen von unserer eigenen Wichtigkeit und Bedeutung, die auch ein Form von Besitz sind. Wir können uns bemühen, andern das Leben angenehm zu machen und jeden  Groll hinter uns lassen bevor wir die Lichter am Christbaum anzünden.

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