ET HET NOCH EMMER ALLES JOT JEJANGEN

Geschrieben am 05.05.2020
von Dr. Joachim Heisel


Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Dieser Spruch ist mir von Kind auf vertraut, denn er hing an der Wand in der Küche meiner Mutter. Humor ist der Schwimmgürtel des Lebens lautet ein anderer Spruch, den ein Freund sich über die Tür schrieb. Humor schafft Distanz zu belastenden Ereignissen und schwierigen Situationen und entschärft sie. Wir haben jetzt in Zusammenhang mit der Krise viele Beispiele, wie Menschen zum Teil mit Überzeichnung und lustigen Einfällen den Ernst der Situation für einen Augenblick durchbrechen.

Humor betrachtet anders als Sarkasmus den Menschen mit Wohlwollen. Romano Guardini (1885-1968), der große Religionsphilosoph, ordnet in seinem Buch über die Tugenden den Humor der Güte zu. Er schreibt: Und noch etwas gehört zur Güte, von dem man nur selten spricht, das ist der Humor. Er hilft zu leichterem Ertragen – ja ohne ihn geht es eigentlich überhaupt nicht. Wer den Menschen nur ernst sieht, nur moralisch oder pädagogisch, hält es mit ihm auf die Dauer nicht aus. Er muss ein Auge für das Sonderbare des Daseins haben. Alles Menschliche hat ja auch etwas Komisches an sich; je großartiger Einer sich gibt, desto stärker wird es. Humor aber bedeutet, dass man das Menschenwesen wohl ernst nimmt und sich um es bemüht – auf einmal aber sieht man, wie sonderbar es ist und lacht, sei`s auch nur innerlich. Das freundliche Lachen über die Sonderbarkeit alles Menschlichen – das ist Humor. Er hilft, gütig zu sein, denn nach dem Lachen ist der Ernst wieder leichter zu tragen.

Dem liegt die Überzeugung zugrunde, dass jeder Mensch so kurios er auch daherkommen mag, im Grunde doch liebenswert ist. Der Kölner sagt: Jeder Jeck is anners (Jeder Geck ist anders). – Keiner ist unnütz; zumindest kann er als schlechtes Beispiel dienen, lautet das etwas zynische  moralische Gegenstück.

Selbst tragische und schlimme Situationen können mit Humor besser getragen werden. Dem Humor liegt die tiefe Überzeugung  zugrunde, das alles letztlich gut enden wird oder wie die Kölner sagen: Et het noch emmer jot jejangen -es ist noch immer gut ausgegangen. Es ist die Grundüberzeugung, dass Welt und Menschen trotz allem Unheil im Guten geborgen sind.

Es gibt eine Anekdote von Tünnes und Schäl , den Kölner Originalen,, aus der Zeit kurz nach dem Ende des Krieges, als Köln noch in Trümmern lag: Tünnes macht eine Wallfahrt nach Rom und schreibt Schäl eine Karte, worauf steht: Ich stehe hier auf der  Kuppel des Peterdoms und ganz Rom liegt mir zu Füssen. Und der Schäl antwortet ihm: Un ich steh hier op ne Mülltonn un janz Kölle lech mer vor de Füss – ich stehe hier auf einer Mülltonne und ganz Köln liegt mir zu Füßen.

Schon kurz nach dem Krieg fanden in Köln wieder Fronleichnamsprozession und Karneval statt.

Humor versucht, die schweren und ärgerlichen Dinge im Leben zu relativieren und sie für einen Moment zu entschärfen. - De leeve Jott es nit esu - der liebe Gott ist nicht so (streng) - gehört ebenfalls zum Repertoire der kölschen Lebensart und relativiert allzu strenge Moralvorschriften auf ihre Weise.

Der fröhliche Heilige Don Bosco (1815-1888) gab folgenden Rat: Halte dich an Gott. Mache es wie ein Vogel, der nicht aufhört zu singen, auch wenn der Ast bricht, denn er weiß, dass er Flügel hat.

Und Martin Luther (1483-1546) sagte: Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.

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