ERFÜLLTER AUGENBLICK

Das Wort „ewiges Leben“ versucht, diesem unbekannt Bekannten einen Namen zu geben. Es ist notwendigerweise ein irritierendes, ein ungenügendes Wort. Denn bei„ewig“ denken wir an Endlosigkeit, und die schreckt uns; bei Leben denken wir an das von uns erfahrene Leben, das wir lieben und nicht verlieren möchten, und das uns doch zugleich immer wieder mehr Mühsal als Erfüllung ist, so dass wir es einerseits wünschen und zugleich doch es nicht wollen. Wir können nur versuchen, aus der Zeitlichkeit, in der wir gefangen sind, herauszudenken und zu ahnen, dass Ewigkeit nicht eine immer weitergehende Abfolge von Kalendertagen ist, sondern etwas wie der erfüllte Augenblick, in dem uns das Ganze umfängt und wir das Ganze umfangen. Es wäre der Augenblick des Eintauchens in den Ozean der unendlichen Liebe, in dem es keine Zeit, kein Vor- und Nachher mehr gibt. Wir können nur versuchen zu denken, dass dieser Augenblick das Leben im vollen Sinn ist, immer neues Eintauchen in…

J Joachim Heisel

IMMERFORT

Immerfort empfange ich mich

J Joachim Heisel

SANKT MARTIN

Heute feiern wir das Fest Sankt Martin mit Umzügen und Laternen. In meiner Heimatstadt Trier ritt am Martinstag der heilige Martin mit Schwert und rotem Umhang durch das antike römische Stadttor Porta Nigra und wir Kinder standen da mit unseren Laternen und sangen das Martinslied: Sankt Martin ritt durch Schnee und Wind, sein Ross das trug ihn fort geschwind... Tatsächlich war Martin im Jahre 386 in Trier gewesen. Allerdings war er da schon Bischof von Tours.

J Joachim Heisel

IM HAUS DES HERRN

Als Gott sich an Abraham wendet, sagt er: »Ich bin Gott, der Allmächtige. Geh vor mir und sei untadelig!« (Gen 17,1). Um untadelig sein zu können, wie es ihm wohlgefällt, müssen wir demütig in seiner Gegenwart leben, eingehüllt in seine Herrlichkeit, wir müssen vereint mit ihm gehen und seine beständige Liebe in unserem Leben erkennen. Wir müssen die Angst vor dieser Gegenwart verlieren, die uns nur guttun kann. Es ist der Vater, der uns das Leben gegeben hat und uns so sehr liebt.

J Joachim Heisel

FOR EVER ?

Vielleicht wollen viele Menschen den Glauben heute einfach deshalb nicht, weil ihnen das ewige Leben nichts Erstrebenswertes zu sein scheint. Sie wollen gar nicht das ewige Leben, sondern dieses jetzige Leben, und der Glaube an das ewige Leben scheint dafür eher hinderlich zu sein. Ewig – endlos – weiterzuleben scheint eher Verdammnis als ein Geschenk zu sein. Gewiss, den Tod möchte man so weit hinausschieben wie nur irgend möglich. Aber immerfort und ohne Ende zu leben – das kann doch zuletzt nur langweilig und schließlich unerträglich sein... Offenbar gibt es da einen Widerspruch in unserer Haltung, der auf eine innere Widersprüchlichkeit unserer Existenz selbst verweist. Einerseits wollen wir nicht sterben, will vor allem auch der andere, der uns gut ist, nicht, dass wir sterben. Aber andererseits möchten wir doch auch nicht endlos so weiterexistieren, und auch die Erde ist dafür nicht geschaffen. Was wollen wir also eigentlich? Diese Paradoxie unserer eigenen…

J Joachim Heisel

ANGST VOR DEM TOD

Jede Angst ist letztlich Angst vor Tod und Sterben. Bei einem Besuch in einem Altenheim schaute mich eine alte Patientin von unten nach oben an. Es war eine meiner letzten Besuche bei ihr vor ihrem Tod. „Herr Doktor, wir sind alle doch nur auf Abruf hier.‚ Was die Patientin auf ihre Art ausgedrückt hat, spüren wir alle: Auch mein Leben ist unsicher und gefährdet. „Media vita in morte sumus" - mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen, wie es in einem alten Lied heißt.

J Joachim Heisel

ALLERHEILIGEN UND ALLERSEELEN

Heute ist Allerheiligen und morgen Allerseelen. An Allerheiligen gedenkt die Kirche aller Heiligen, vor allem derer, deren Namen uns unbekannt ist. Heilige sind Menschen, die ihr Leben auf Gott ausgerichtet haben und nach ihrem Tod zur Gemeinschaft mit Gott gelangt sind. Das braucht kein großes spektakuläres Leben gewesen sein. Als Arzt habe ich solche Menschen kennengelernt, die ihr Leben im Verborgenen für andere vor den Augen Gottes verbraucht haben. Die große Kirchenlehrerin Therese von Lisieux meinte, dass wir viele der größten Heiligen überhaupt nicht kennen.

J Joachim Heisel

TOTENMONAT

Im November feiern wir eine Vielzahl von Gedenktagen. Da sind zunächst Allerheiligen und Allerseelen am 1. und 2. November, an denen wir das christliche Andenken an unsere verstorbenen Angehörigen mit Gottesdiensten, Gebeten und Besuchen auf den Friedhöfen begehen. Gleichzeitig erinnert uns die Kirche daran, dass wir weiter in Gemeinschaft mit unseren Verstorbenen stehen und in unseren Gebeten mit ihnen in Verbindung treten können.

J Joachim Heisel

GEHEILIGT WERDE DEIN NAME

Den Namen Gottes heiligen bedeutet, sein Leben aus der Nähe zu Gott zu leben. Christus sagt zu den Jüngern: »Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Söhne eures Vaters im Himmel werdet; denn er lässt seine Sonne aufgehen über Bösen und Guten, und er lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. Wenn ihr nämlich nur die liebt, die euch lieben, welchen Lohn könnt ihr dafür erwarten? Tun das nicht auch die Zöllner? Und wenn ihr nur eure Brüder grüßt, was tut ihr damit besonderes? Tun das nicht auch die Heiden? Ihr sollt also vollkommen sein, wie es auch euer himmlischer Vater ist« (Mt 5,43-48). Ein anderes Mal sprach er von dem Schweren, das in seiner Nachfolge liegt: »Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach« (Mt 16,24). Und dann…

J Joachim Heisel

PFLEGEFÄLLE

Jeder, der einmal einen Pflegefall betreut hat, weiß, was es bedeutet, einen Menschen rundum zu betreuen, der keine andere Perspektive hat, als dass er seinem Ende entgegengeht. Manchmal überfällt die Angehörigen das eigentlich Aussichtslose ihres Tuns und sie können bei der pausenlosen Anstrengung in eine Depression oder ein Burn-out geraten.

J Joachim Heisel

LAST MINUTE

Manchmal, wenn ich in der Stadt bin und am Marienplatz, gehe ich zur Buchhandlung Hugendubel. Dort kann man in bequemen Sesseln in Büchern herumstöbern und dabei dem Treiben auf dem Marienplatz zuschauen. An einer Wand stehen die sogenannten Spiegelbestseller. Diesmal schaue ich in das Buch von Karin Kuschik: „50 Fragen, die das Leben leichter machen". Sie ist eine bekannte Coachin und möchte mit 50 Fragen an ihre Klienten sie dazu bringen, ihr Leben besser zu bewältigen. Ihre letzte, die 50. Frage lautet: „Wäre heute ein guter Tag, um zu sterben?".

J Joachim Heisel

KIRCHEN

Kirchen sind Räume, in denen das Heilige und Unverfügbare Wohnung haben kann. Nach dem Vordringen des Profanen und dem Rückzug der Religion spricht vieles dafür, dass dieser Raum heute in gebildeten Kreisen die Kunst einnimmt. Die eigentliche Gefahr unserer Zivilisation ist aber der Verlust des Heiligen, auch der heiligen Orte, die letztlich säkular betrachtet ein Symbol des Unverfügbaren und damit unverfügbarer Werte und Menschenrechte sind. Es kommt daher nicht von ungefähr, dass sich die stille Revolution in der DDR von den Kirchenräumen aus entfaltete, die selbst die atheistische Staatsmacht nicht anzutasten wagte.

J Joachim Heisel

RINGE

Der Verhaltenswissenschaftler, Paul Dolan hat das Verhalten von Menschen und ihr Glücksempfinden an der London School of Economics untersucht. In seinem Buch „Happy Ever After“ stellte er fest, dass Männer im Allgemeinen von der Ehe stärker profitieren als Frauen. Besonders gesundheitlich wirke sich eine Eheschließung günstig auf die Männer aus. Unter anderem ist ja bekannt, dass Frauen in der Regel mehr auf Gesundheit und Vorsorge achten als Männer und das auf ihre Männer übertragen.In einer Studie mit 24.000 verheirateten Deutschen wurde das Fazit gezogen, dass Eheschließungen nicht immer zu Glück führen - eine soziologische Erkenntnis, die jeder auch aus seinem Erfahrungsbereich bestätigen kann.

J Joachim Heisel

MAGST DU MICH?

Auf dem Boden vieler psychischer Störungen findet sich oft eine tiefgreifende Selbstwertproblematik. Bei einer Patientin konnte ich das jedes Mal spüren, wenn ich bei ihr war. Sie hatte in ihrer Kindheit wenig Liebe und Anerkennung von ihren Eltern erfahren und war bei den Großeltern groß geworden. Später, als ich sie öfter besuchte und sie mittlerweile ein Pflegefall geworden war, fragte sie mich jedes Mal: „Magst Du mich?“, und das wiederholte sie dauernd. Sie brauchte die Vergewisserung, dass sie wert genug war, dass man sie gern hatte. Es ist eine tiefe Verunsicherung, wenn Menschen sich nicht geliebt fühlen. Manche Aggressionen, manche schlimmen Bemerkungen, die im Alltag fallen, sind versteckte Wünsche nach Zuneigung. Ja manchmal probieren wir aus, ob uns die anderen auch dann noch mögen, wenn wir ihnen die kalte Schulter zeigen. Gerade Eltern mit pubertierenden Töchtern oder Söhnen können oft ein Lied davon singen.

J Joachim Heisel

VERBITTERUNG

Halte Deinen Sinn von Ärger frei! So lautet der Ratschlag aus einem der Weisheitsbücher des Alten Testaments (Koh 11,10). Das raten auch Psychologen ihren Klienten, denn Ärger frisst auf die Dauer die Seele auf und schadet jeder Form von Partnerschaft und Gemeinschaft.

J Joachim Heisel

MUSKELSCHWUND

Der französische Theologe Adolphe Tanqueray sagt in seinem Buch „Spirituelles Leben": Das übernatürliche Leben ist ein Leben, in dem Gott die Hauptrolle spielt, wir nur eine Nebenrolle.

J Joachim Heisel

HERBSTBILD

Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah!

J Joachim Heisel

EINSAMES HERZ

Die Menschen können auf viele verschiedene Arten einsam sein, jeder auf seine eigene Weise. Die einen, weil sie einsam sein wollen, die anderen, weil das Leben sie so gemacht hat. Viele sind einsam, obwohl sie Menschen um sich haben, die sie aber nicht verstehen oder nicht verstehen wollen.

J Joachim Heisel

SONNENGESANG

Heute feiern wir das Fest des Heiligen Franziskus (1181-1226). Franziskus führte in seiner Jugend als Sohn reicher Eltern ein sorgenfreies Leben. Als er aufgrund kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen Assisi, seinem Geburtsort, und Perugia in Gefangenschaft gerät, ändert er nach einer Vision sein Leben und zieht in völliger Armut in der Nachfolge Christi als Bettler durch das Land. Er gründet den Franziskanerorden und reist im Jahr 1219 nach Ägypten, um mit dem Sultan Al-Kami ein Gespräch über den christlichen Glauben zu führen und dabei Frieden zwischen Muslimen und Christen zu bewirken. Darauf ist auch zurückzuführen, dass bis heute Franziskaner in muslimischen Ländern, vor allem in Palästina wirken dürfen.

J Joachim Heisel

EINSAMES HERZ

Die Menschen sind auf viele verschiedene Arten einsam, jeder auf seine eigene Weise. Die einen, weil sie allien sein wollen und so in Einsamkeit enden, die anderen, weil das Leben sie so gemacht hat.

J Joachim Heisel

SCHWERHÖRIG

Es gibt nicht nur die physische Gehörlosigkeit, die den Menschen weitgehend vom sozialen Leben abschneidet. Es gibt eine Schwerhörigkeit Gott gegenüber, an der wir gerade in dieser Zeit leiden. Wir können ihn einfach nicht mehr hören – zu viele andere Frequenzen haben wir im Ohr. Was über ihn gesagt wird, erscheint vorwissenschaftlich, nicht mehr in unsere Zeit passend. Mit der Schwerhörigkeit oder sogar Taubheit Gott gegenüber verlieren wir natürlich auch unsere Fähigkeit, mit ihm und zu ihm zu sprechen. Auf diese Weise aber fehlt uns eine entscheidende Wahrnehmung. Unsere inneren Sinne drohen abzusterben. Mit diesem Verlust an Wahrnehmung wird der Radius unserer Beziehung zur Wirklichkeit überhaupt drastisch und gefährlich eingeschränkt. Der Raum unseres Lebens wird in bedrohlicher Weise reduziert.

J Joachim Heisel

SCHUTZENGEL

Immerhin glauben nach einer statistischen Erhebung vor einigen Jahren sechzig Prozent der Bundesbürger an die Existenz von Engeln. Auch die katholische Kirche hat in ihrem „Portefolio" die Schutzengel.Im Katechismus der katholischen Kirche heißt es darüber: „Einem jeden Gläubigen steht ein Engel als Beschützer und Hirte zur Seite, um ihn zum Leben zu führen."

J Joachim Heisel

HERBSTTAG

Rainer Maria Rilke hat uns aus einer eher melancholischen Stimmung eines seiner berühmtesten und schönsten Gedichte hinterlassen. Er hatte seine Frau, die Bildhauerin Clara Westhoff in Berlin zurückgelassen und war nach Paris gezogen. Das war im Herbst des Jahres 1902. Rilke war damals 26 Jahre alt:

J Joachim Heisel