MENS SANA IN CORPORE SANO

Geschrieben am 09.06.2020
von Joachim Heisel


Mens sana in corpore sano

In einem gesunden Körper lebt ein gesunder Geist.

Dieser Spruch stammt von dem römischen Schriftsteller Juvenal (58-138 n. Chr.). Wörtlich heißt es in der Satire 10,356: Orandum es ut sit mens sana in corpore sano d.h. man sollte darum beten, dass ein gesunder Geist in einem gesunden Körper sei. Hier schwingt mit, dass es nicht allein von uns abhängig ist, ob wir gesund sind. Außerdem gibt es kranke Menschen mit einem wachen und gesunden Geist. Ein Beispiel ist Stephen Hawking, der geniale englische Astrophysiker (1942-2018), der seit 1963 an ALS erkrankt war und vom dem Mediziner damals glaubten, dass er nur noch wenige Jahre leben würde. Man sieht, wie Ärzte sich irren können. Man darf Kranken und Behinderten nicht einen gesunden Geist absprechen, obwohl wir manchmal dazu neigen, weil wir auf Grund eines  tief in uns sitzenden Reflexes vom Körperlichen auf das Geistige schließen.

Körper und Geist bilden eine unauflösbare Einheit, die sich weitgehend gegenseitig bedingt und ergänzt und erst mit dem Tod endet. Der Körper ist gewissermaßen das Instrument der Seele. Wenn ein guter Geiger auf einer schlechten Geige spielen muss, kann er seine Kunst nicht entfalten. So geht es uns, wenn mangelnde Gesundheit uns bei allem, was wir vorhaben, einen Strich durch unsere Rechnung macht. Das vergessen wir manchmal, wenn wir uns aus Zeitmangel oder Bequemlichkeit zu wenig um unsere Gesundheit kümmern oder ihr sogar durch Fehlverhalten schaden. Die Zeit, die wir für Sport und Erholung aufwenden ist keine verlorene Zeit. Manchmal müssen wir die gleiche Zeit – oder sogar mehr- im Bett oder beim Arzt oder im Krankenhaus zubringen. Gesundheit ist nicht alles aber ohne Gesundheit fehlt uns eine wichtige Voraussetzung, um selbstbestimmt leben und handeln zu können.

Dabei ist der Begriff Gesundheit durchaus relativ. Die Definition der WHO lautet: Gesundheit ist ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit und Gebrechen

Friedrich Nietzsche(1844-1900) sagt: Gesundheit ist das Maß an Krankheit, das es mir noch erlaubt, meinen wesentlichen Beschäftigungen nachzugehen.

Die zweite Definition ist mit zunehmendem Alter wohl brauchbarer als die der WHO

Es gibt viele Krankheiten aber nur eine Gesundheit, sagt der bekannte Wiener Dramatiker Johann Nestroy (1801-1862). - Und allein deshalb lohnt es sich schon, auf seine Gesundheit aufzupassen.

Es gibt ja auch den medi-zynischen Spruch: Zeige mir einen Gesunden und ich heile ihn, der davon ergänzt wird, dass der Arzt zum Patienten sagt: Sie sind nur deshalb gesund, weil ich sie noch nicht ausreichend untersucht habe!

Wenn der Leib tanzt, freut sich die Seele. So lautet ein italienisches Sprichwort. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass sportliche Betätigung das Risiko, im Alter an M. Alzheimer zu erkranken um 50 Prozent vermindert und dass regelmäßiger Sport oder Gymnastik Prophylaxe von Depression und Pflegebedürftigkeit ist. Vor einiger Zeit war ich wegen eines Sonderangebots bei Aldi. Da ich nur einen Artikel gekauft hatte, bat ich an der Kasse eine ältere Dame, die mit einem Berg von Sachen in ihrem Einkaufswagen vor mir in der Warteschlange stand, ob sie mich vorlassen könne. „Aber natürlich, sehr gerne,“ war ihre freundliche Antwort. Wir kamen ins Gespräch und sie erzählte mir, dass sie 96 Jahre ist und mit dem Auto in die Tiefgarage bei Aldi fährt. Vom Aspekt her hätte ich die Dame auf Mitte Siebzig geschätzt. „Und wie haben sie es geschafft, so fit zu bleiben“, fragte ich sie. Die überraschende Antwort war: „Ich habe jeden Tag getanzt“. Ja, tanzend durchs Leben zu gehen, scheint ein gutes Konzept zu sein.

Selbst bei Menschen mit gestörtem Geist etwa bei Depression, Drogenabhängigkeit  oder Schizophrenie kann man  über den Körper eine Besserung ihres Zustandes erreichen, etwa wenn man sie zu einfacher körperlicher Arbeit oder Sport und jeglicher Art von Bewegung, auch zu Tanz motivieren kann.

Die Ärzte der Antike hatten nur wenig Mittel in der Hand, um Krankheiten zu behandeln. Sie hatten keine Antibiotika, um die Infektionskrankheiten zu behandeln, die die Lebenserwartung der damaligen Menschen so stark reduzierte. Deshalb haben sie sich auf Prophylaxe konzentriert, die im wesentlichen in einer Regulierung der Lebensführung (sog. Diätetik) bestand. Wir sind heute bei Corona in einer ähnlichen Situation. Auch wir haben derzeit noch keine wirklich effektiven Medikamente und keine Impfung gegen Covid 19 zur Verfügung, aber wir können uns durch eine vernünftige Lebensweise dagegen wappnen, indem wir unser Immunsystem verbessern.

Die antiken Ärzte kannten in ihrer Diätetik sechs wichtige Bereiche:

Licht und Luft

Speise und Trank

Bewegung, Arbeit und Ruhe

Schlafen und Wachen

Absonderungen und Ausscheidungen

Anregung  des Gemüts

Gerade jetzt im Sommer ist es unter Corona-Bedingungen geboten, sich viel im Freien aufzuhalten und Licht (UV-Licht) und Luft an uns und unsere Wohnungen heranzulassen, denn dadurch stärken wir den Körper und mindern die Ansteckungsgefahr, u.a. auch, da sich durch diese Maßnahmen die u.U. kontaminierten Aerosole vermindern.

Bewegung hält unseren Körper fit und stärkt die Immunabwehr wie auch ausreichender und regelmäßiger Schlaf.

Dem Schutz unseres Gemüts hilft, wenn wir uns nicht unnötig mit negativen Nachrichten beschäftigen und mürrischen und pessimistischen Menschen soweit als möglich aus dem Weg gehen.

Nicht schaden (lat. Nil nocere), das Arztgeheimnis bewahren und kein keimendes Leben vernichten waren die Grundsätze, zu denen sich die antiken Ärzte mit dem sogenannten Eid des  Hippokrates (5. Jahrhundert v. Christus) verpflichteten. Auf den Patienten selber angewandt bedeutet dies: Er soll auch selber seinem Körper nicht schaden durch Zufuhr schädlicher Stoffe wie  Tabak, Drogen, übermäßige Nahrungszufuhr, hohem Alkoholkonsum oder Mangel an Bewegung.

Im Buch Jesus Sirach heißt es: „Mein Sohn, wenn du imstande bist, pflege dich selbst; soweit du kannst, lass es dir gut gehen! (…) Versag dir nicht das Glück des heutigen Tages.“ (Sir 14,11.14)

Gewiss gibt es wohlmeinende Menschen in unserer Umgebung, vor allem in der Familie, die darauf achten, ob es uns gut geht, aber letztlich können nur wir selbst für uns und unseren Körper sorgen.

Der angeblich so leibfeindliche Apostel Paulus sagt in seinem ersten Brief an die Korinther: „Euer Leib ist der Tempel des Heiligen Geistes“ (1 Kor 6,19). Er erinnert uns daran, dass wir kein bloßes biologisches System sind und unseren Körper nicht losgelöst von der Geistseele betrachten dürfen. Deshalb warnt uns der heilige Paulus auch davor, den Körper zur bloßen Lustmaximierung zu missbrauchen, ohne die Würde der Person zu achten(vgl. 1 Kor 6,18).

Pflege und Erhaltung des Leibes und seiner Funktionen ist also  eine Form des Gottesdienstes und auch eine spirituelle Aufgabe. Es ist auch Nächstenliebe, denn wenn wir uns fit halten, verhindern wir, dass andere für uns sorgen bzw. unsere Aufgaben übernehmen müssen.

Laut einem Bericht des bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege zur Seniorengesundheit in Bayern vom März 2018 beträgt die mittlere Lebenserwartung für den Mann in Bayern derzeit 78,9 Jahre mit zunehmender Annäherung an die Lebenserwartung der  Frauen ( 83,5 Jahre).

Bis zum Jahr 2035 werde der Anteil der über 65- jährigen 26 Prozent der Gesamtbevölkerung von Bayern betragen. Es wurde in diesem Zusammenhang auch auf die Bedeutung der Hausärzte bei der Betreuung hingewiesen. Wichtig für gelingendes Altern sei der Erhalt von Autonomie und Selbstständigkeit, denn so sagt Verena Kast, eine bekannte Alterspsychologin: “Was zählt, ist das gelebte Leben“.

Weiterhin in dem Bericht: Es nähmen  zwar mit steigernder Lebenserwartung die Zahl gesunder Jahre zu aber auch die Jahre in Krankheit. Professor Förstl ( LMU München): „Wichtig ist vor allem, einen gesunden Lebensstil zu pflegen, und damit  Risikofaktoren wie Herz-Kreislauferkrankungen, Depressionen, Faulheit und Fettleibigkeit einzudämmen.“ Vor allem kognitives Training und erholsamer Schlaf sei wichtig in der Prophylaxe von Demenz und Depression.

Weiteres zur Altersgesundheit unter www.stmgp.bayern.de (geht auch für Nicht-Bayern).

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