MISSBRAUCH

Geschrieben am 12.09.2020
von Joachim Heisel

Es wäre falsch, das Sprechen über die Kirche nur noch auf das sicherlich  sehr betrübliche Kapitel Missbrauch hinzulenken. Es ist dringend angebracht, dieses Kapitel einzugrenzen.

Nachgewiesenermaßen kommt Missbrauch leider vor allem in den Familien vor. Viele Familiengeschichten müssten unter diesem Aspekt umgeschrieben werden. Missbrauch ist im Einzelfall oft schwer nachprüfbar,  weil naturgemäß Zeugen meist fehlen. Hinzu kommt, dass nach psychologischer Erfahrung gerade bei Kindern und Jugendlichen in manchem Einzelfall subjektives Erleben und tatsächliches Geschehen auseinanderklaffen kann. Auch lehrt die Erfahrung, dass auch bewusste Rufschädigung vorliegen kann. Missbrauch betrifft Sportvereine, Schulen, Internate, Kitas, Heime und eben auch kirchliche Organisationen. Missbrauch tritt überall dort auf, wo Erwachsene Umgang mit Kindern und Jugendlichen haben. Missbrauch kam leider überall und zu allen Zeiten vor. So waren in der Antike „Lustknaben“ an den Höfen der Herrscher ein verbreiteter Missbrauch. In Sparta wurden Jugendliche dazu angehalten, sexuelle Beziehungen zu ihren militärischen Vorgesetzten zu unterhalten

Aber sicherlich ist es besonders betrüblich und schlimm, dass geweihte katholische Priester sich an diesem Geschehen beteiligt haben, wo ihnen doch diese Jugendlichen zum Schutz anvertraut wurden. Die Empörung und Enttäuschung darüber ist vor allem bei dem hohen moralischen Anspruch, den die Kirche stellt, gerechtfertigt. Aber man darf wie immer nicht verallgemeinern und Priester pauschal verdächtigen. Und man darf Missbrauch nicht instrumentalisieren, um die Kirche zu diskreditieren.

Vor nicht langer Zeit haben führende Politiker im Lande straffrei stellen wollen, was heute mit der Forderung nach noch strengeren Sanktionen behaftet wird. Eigentlich müsste man auch diese Politiker zur Verantwortung ziehen, da sie den Boden für das Geschehene mitbereitet haben. Und: Würde man jede körperliche Züchtigung als Missbrauch deklarieren, müsste heute noch ein Grossteil meiner Lehrerinnen und Lehrer aus den fünfziger und sechziger Jahren  im Nachhinein suspendiert werden.

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