GAUDETE

Geschrieben am 12.12.2020
von Joachim Heisel


Seit alters her hat der dritte Adventsonntag den lateinischen Namen „Gaudete“, zu deutsch „Freuet Euch“, benannt nach einer Stelle aus dem Brief des heiligen Paulus an die ersten Christen in Philippi, einer Stadt in Mazedonien. Er schreibt: „Freuet euch im Herrn zu jeder Zeit! Noch einmal sage ich: Freuet euch! (Phil 4,4)“. Worüber sollen wir uns denn freuen? Advent heißt Ankunft. Wir sollen uns freuen über jemanden, der in unsere Welt kommt, über die Ankunft Christi, der als Kind zu uns kommt. Er kommt am Ende des Advents, an Weihnachten, zur Welt. Bis dahin sollen wir noch warten wie das Volk Israel Jahrhunderte auf den Messias, den Erlöser,  gewartet hat. Wir sollen uns aber  jetzt schon freuen, dass er  zu uns kommt. In seiner Geburtsnacht verkündet ein Engel einigen Hirten, die in der  Nähe von Bethlehem ihre Schafe hüteten: „Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volke zuteil werden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren (Lk 2,10-11)“. Dann gingen die Hirten zur Krippe und fanden Jesus mit Maria und Josef. Und dann heißt es: „Sie rühmten Gott und priesen ihn für das, was sie gehört und gesehen hatten“. Im griechischen Urtext steht für Retter das Wort „Soter“. Es bedeutet Retter, Erlöser, Beistand, Heiland. Aber brauchen wir jemanden, der uns rettet oder erlöst und wenn ja, wovon? Schließlich haben wir doch alles und unmittelbare Gefahr für Leib und Leben abgesehen von der Pandemie, die tatsächlich eine als reale Gefahr für uns ist, besteht nicht. Wovon sollten wir erlöst werden? Ja, von Corona, Terror, Amokläufen, der Klimakatastrophe und vom Plastikmüll im Ozean. Aber ist das wirklich alles? Oder brauchen wir vielleicht Rettung und Erlösung von uns selbst, die Erlösung unserer Herzen? Christus sagt einmal: „Aus dem Herzen kommen die bösen Gedanken (Mk 7,21)“ Ja, es ist das unerlöste Herz, das dem Menschen zu schaffen macht. Das unerlöste Herz baut Atombomben, legt Bomben,  tötet unschuldige Menschen mit Autos, fängt Streit in den Familien an, richtet Mauern und Wälle auf, weigert sich zu verzeihen oder um Verzeihung zu bitten. Unerlöst ist unser Herz in seiner Selbstverstrickung, wenn es die anderen nicht gelten lässt, immer recht haben will und auch das letzte Wort.

Schlimm sind  verseuchte Meere und vergiftete Luft, noch schlimmer jedoch ist  Hass in den Herzen und Verachtung für den Nächsten, Unverständnis und Ausgrenzung, Kälte in den Beziehungen, Ungeduld mit den anderen und Mangel an Mitgefühl, die uns alle betreffen.  Der Mensch hat eine tiefe Sehnsucht nach einem erlösten Herzen, nach Freude und Frieden. Wir können das nicht selbst machen. Wir können uns nicht selbst erlösen. Das Kind in der Krippe will uns all das bringen. Der Prophet Jesaia hat es im 8. Jahrhundert vor Christus so angekündigt: Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns geschenkt. Die Herrschaft liegt auf seiner Schulter; man nennt ihn Wunderbarer Ratgeber, Starker Gott, Vater in Ewigkeit, Fürst des Friedens.

Jean Paul Sartre sagte einmall:  Ich würde meinen rechten Arm dafür hergeben, wenn ich an einen Gott glauben könnte, der Mensch geworden ist. - Was sind w i r bereit, dafür herzugeben? Vielleicht den Stolz auf unseren Verstand, der alles besser weiß, oder unsere Autonomie, die keinen an uns heran lässt?

Wir dürfen uns trotz Corona freuen über Christbäume, Lichterkerzen und Geschenke. Sie sind schöne Zeichen für das Kommen des Kindes. Die ganze Freude könnnen wir haben, wenn wir wie die Hirten von damals der Botschaft des Engels Glauben schenken.

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