WENN DIE LIEBE TRAUERT TRÖSTET DER GLAUBE

Geschrieben am 10.03.2021
von Joachim Heisel


Als ich vor einem Jahr eine Verwandte anrief, um ihr zum Geburtstag zu gratulieren, sagte sie mir, dass ihr Sohn, der mit ihr im gleichen Haus lebte, ganz plötzlich mit sechzig Jahren verstorben war. Obwohl sie eine fromme Frau ist, sagte sie mir: „Ich kann seitdem nicht mehr beten!“ Dieser Zustand hielt einige Monate an. Als ich sie vor einigen Tagen nach längerer Zeit anlässlich ihres Geburtstags wieder anrief, sagte sie mir: „Ich kann jetzt doch wieder beten. Mein Glaube hat mir geholfen. - Wenn die Liebe trauert, hilft der Glaube. Wer weiß, wozu alles gut ist“.

Zur gleichen Zeit habe ich für ein neues Buchprojekt alte Unterlagen aus dem Nachlass meiner Familie durchgeschaut und bin dabei auf die Todesanzeigen meiner beiden im Krieg gefallenen Onkel, Brüder meiner Mutter, gestoßen. 

Nach dem Krieg lebten wir in einem Haus zusammen mit meinen Großeltern und meiner Tante. Im Wohnzimmer meiner Großeltern stand auf dem Schrank das Bild zweier junger Männer mit Anzug und Krawatte. Das waren meine beiden Onkel Hans und Herbert, die Brüder meiner Mutter, die mit 21 Jahren im Krieg gefallen waren, der eine in Russland, kurz vor Moskau im Januar1942, der andere 1944 bei Cherbourg in der Normandie am Tag der alliierten Landung am 6.Juni 1944. Bis in ihr hohes Alter – sie wurde fast einundneunzig Jahre alt und starb im Jahr 1978 - durfte man im Beisein meiner Großmutter nicht von diesen beiden Söhnen sprechen. Zu groß war ihr Schmerz noch immer.

In den Todesanzeige für Hans und Herbert stand: Unser Stolz war er und unsere Hoffnung, durch sein sonniges Wesen unsere stete Freude. Trennung war sein und unser Los, Wiedersehen die einzige Hoffnung.

Was ist von Hans und Herbert geblieben? Ich habe im Nachlass meiner Grosseltern zwei einfache Metallringe mit den Initialen der beiden Söhne gefunden, ein paar Fotografien, ein Orden für die Teilnahme am Russlandfeldzug und ein kleines Marienbild, das meine Großmutter ihrem ältesten Sohn Hans mit ins Feld gegeben hat.

Wiedersehen die einzige Hoffnung. In einem Brief, den meine Großmutter an ihre Tochter Irma, die Schwester von Hans und Herbert, geschrieben hatte, schilderte sie das letzte Gespräch mit Herbert. Er hatte gesagt: „Mutter, Dein Herbert kommt wieder“. Am Tag der Invasion schrieb meine Grossmutter in einem Brief: an Irma: „Hast Du gehört, heute ging es in Frankreich los. Hoffentlich bleibt Herbert verschont“. 

Die sinnlose Sterben dieser beiden jungen Menschen, die noch ihr Leben vor sich hatten, und so vieler anderer darf nicht das letzte Wort sein, soll denn die Welt einen Sinn haben.

Ich stelle mir vor, dass wir in einem anderen Leben all unsere verlorenen und ungelebten Beziehungen nachholen können. Das war auch die Hoffnung meiner Großeltern als sie dies schrieben. 

Wenn die Liebe trauert, tröstet der Glaube.

Als Christen glauben wir an ein Leben nach dem Tod. Der heilige Paulus schrieb darüber in seinem Brief an die Thessalonischer (1Thess 4,13 – 14):
Brüder, wir wollen euch über die Verstorbenen nicht in Unkenntnis lassen, damit ihr nicht trauert wie die Heiden, die keine Hoffnung haben. Wenn Jesus – und das ist unser Glaube – gestorben und auferstanden ist, dann wird Gott durch Jesus auch die Verstorbenen zusammen mit ihm zur Herrlichkeit führen.

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