METAPHYSIK

Geschrieben am 24.04.2021
von Joachim Heisel


Schon immer wollten Menschen wissen, was hinter den Dingen, den Menschen, der Welt sein kann, ja, was dort ist und auf uns wartet. Der griechische Philosoph Aristoteles (384-322 v. Chr.) schrieb ein Buch darüber und nannte es Metaphysik (griech.ta meta ta physika „das was hinter den Dingen ist“), die Lehre von dem, was sich hinter der erfahrbaren sinnlichen Wirklichkeit verbirgt, der Sinn von allem.

Heute spielt sich die Metaphysik oft in den Sprechzimmern der Ärzte ab. Sie ist in den Untergrund, ins Unterbewusstsein abgedrängt worden. Nicht selten äußert sie sich als verdrängte Sinnsuche in sogenannten psychosomatischen Beschwerden wie Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Aggression oder auch Drogen-, Sex-, Alkoholsucht, depressivem Lebensgefühl, Angst. In jeder größeren Stadt gibt es mittlerweile Angstambulanzen für Menschen mit Angstattacken.

Mir fällt eine Erinnerung aus meiner Kindheit ein. Ich spiele im Wohnzimmer und nebenan in der Küche ist meine Mutter am Bügeln. Ich sehe sie nicht, aber ich weiß, dass sie da ist, nebenan. So ist es mit Gott. Wir sehen ihn nicht. Aber wenn wir an ihn glauben, wissen wir, dass er da ist, nebenan. Wir brauchen nur ins nächste Zimmer zu gehen. - Nun, so einfach ist es nicht, aber manchmal können wir es trotzdem erfahren, wie nahe uns Gott ist.

Der Gründer des Opus Dei, der hl. Josefmaria Escriva (1902-1975) hatte einmal eine solche Erfahrung in der Straßenbahn von Madrid im Jahre 1931. Plötzlich spürte er: Gott ist mein Vater. Er ist bei mir, und er stammelte Abba*, Vater…Abba, Vater. Die Mitfahrgäste schauten ihn entgeistert an und glaubten, er sei momentan von Sinnen.

Auch uns kann sich Gott im Alltag zeigen, wahrscheinlich nicht so spektakulär wie in diesem Fall. Vielleicht ist es die Begegnung mit einem Menschen, ein Wort oder ein Ereignis. Gott zeigt sich uns im Alltag, wir müssen nur seine Sprache lernen. Die Sprache Gottes ist das Gebet. Durch das Gebet lernen wir im Buch unseres Lebens mit den Augen Gottes zu lesen.

Wir werden dabei neue Worte entdecken, die wir vorher nicht kannten und lernen nicht nur einzelne Buchstaben zu sehen sondern ganze Worte und Sätze, denn „der Buchstabe tötet, der Geist aber macht lebendig (2 Kor 3,6)“.

 *Abba ist der aramäische Ausdruck für Vater, den Jesus im Vaterunser gebraucht hat und bedeutete soviel wie bei uns die familiäre Anrede „Papa“(vgl. Lk 22,42 etc.)

Literatur: Vazquez de Prada, Der Gründer des Opus Dei,  Bd I, S.370/71 Adamas-Verlag Köln 2001

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