REDEN IST SILBER, SCHWEIGEN IST GOLD

Geschrieben am 16.04.2021
von Joachim Heisel


Es ist merkwürdig, was man aus der Kinderzeit behält. Ich war vielleicht sechs Jahre alt. Jedenfalls ist es mir noch heute gegenwärtig: Ich war mit meiner Großmutter und meiner Cousine und deren Freundin im Garten meiner Großeltern beim Kirschenernten. Meine Cousine, die fast vier Jahre älter ist als ich, und ihre Freundin unterhielten sich, kicherten und lachten andauernd wie es normal ist in dem Alter, als meine Großmutter plötzlich zu mir sagte: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.

Das könnte man auch über die Gedanken von Mahatma Gandhi schreiben, die ich in seiner Autobiografie gefunden habe:

So habe ich mir angewöhnt, meine Gedanken zu bändigen, und kann heute behaupten, dass mir so gut wie nie ein unbedachtes und unangemessenes Wort über die Lippen oder aus dem Stift kommt. Soweit ich mich erinnere, hatte ich nie etwas Gesagtes oder Geschriebenes zu bereuen. So sind mir viele Unannehmlichkeiten und verschwendete Stunden erspart geblieben. Die Erfahrung hat mich gelehrt, Schweigen ist Teil der spirituellen Disziplin eines Anhängers der Wahrheit. Die Neigung, die Wahrheit wissentlich oder unwissentlich aufzublasen, zu unterdrücken oder zu verzerren gehört zu den typisch menschlichen Schwächen. Um sie zu überwinden, bedarf es des Schweigens man muss dieser Gefahr mit Wortkargheit begegnen. Wer nur wenige Worte macht, schwafelt selten gedankenlos daher, sondern wägt seiner Rede sorgfältig ab. Wir sind von Menschen umgeben, die unbedingt etwas sagen wollen. Jeder, der eine Versammlung leitet, wird mit Redegesuchen drangsaliert. Wird die Erlaubnis erteilt, überschreitet der Redner fast immer seine Redezeit, möchte länger reden und tut dies auch ohne Erlaubnis. Man könnte nicht behaupten, dass dieses viele Reden die Welt positiv verändert hätte. Es ist reine Zeitverschwendung.

Aus dem Buch: Mohandas K. Gandhi Mein Leben, C.H. Beck Verlag

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