SINN UND ZWECK

Geschrieben am 14.05.2022
von Joachim Heisel


Gott hatte Adam gerade geschaffen, als der erste Mensch die Augen aufschlug, sich umsah und ihn höflich fragte: “Was ist der Zweck von alledem?“ Gott antwortete: „Muss denn alles einen Zweck haben?“ „Aber ja doch“, sagte Adam. „Dann überlasse ich es Dir,  für all das einen Zweck zu finden“,  meinte Gott und ging.  Am Anfang war also die Frage nach dem Zweck zumindest in dem Roman Katzenwiege von Kurt Vonnegut; aus dem diese Szene stammt. Man könnte sagen: Typisch Mann. Statt sich zu bedanken und zu staunen geht es ihm darum, was kann ich damit anfangen.

Aber ganz falsch ist es ja nicht.  Gott hat uns diese Welt anvertraut, damit wir sie in rechter Weise gebrauchen und sie nach ihrem Sinn und Zweck zu befragen. Aber kein Zweck dieser Welt heiligt  die Mittel,  um ihn zu erreichen. Es ist ein guter Zweck, wenn wir einen Platz in dieser Welt suchen, um unsere Talente einzusetzen.  Wenn ich dabei aber rücksichtslos meine Ellenbogen einsetze, um vorwärts zu kommen, verselbständigt sich dieses Ziel und werde ich rücksichtslos gegenüber meinen Mitmenschen. „Ich habe maßlos gelebt“, sagte selbstkritisch der gescheiterte und verurteilte Topmanager Thomas Middelhoff. Und er meinte, dass Leistung zwar nach oben bringt, dass aber nur der Charakter einen auch oben hält.

Der Mensch ist ein Dialogwesen.  Gott schuf ihn nach seinem Ebenbild.  Er beginnt mit jedem Menschen, der in diese Welt tritt, einen Dialog, indem er ihn fragt: Was hältst du von dieser Welt und was willst du damit anfangen?  Und der Mensch soll darauf antworten.  Paulus sagt zu den heidnischen Griechen auf dem Areopag in Athen: Die Menschen sollen Gott suchen, ob sie ihn ertasten und finden könnten; denn keinem von uns ist er fern, denn in ihm leben wir,  bewegen wir uns und sind wir (Apg 17,27-28).

Was ist der Sinn und Zweck dieser  „Weltveranstaltung“, deren Akteure wir sind? Der katholische Katechismus (Youcat) gibt eine Antwort darauf: Wir sind auf Erden, um Gott zu erkennen und zu lieben, nach seinem Willen das Gute zu tun und einst in den Himmel zu kommen.  Martin Buber, der große jüdische Philosoph,  sagte,  dass die Schöpfung dialogisch ist und der Mensch mit der Fähigkeit zur Ich-Du-Beziehung in die Welt geboren wird.

Es heißt im ersten Johannesbrief: Gott ist die Liebe (1 Joh 4,8). Und im Johannesevangelium:  Am Anfang war das Wort (Joh 1,1).  Der Mensch entstammt einem Dialog der Liebe.  Von daher versteht sich Gott als Wesen im Dialog, ein Gott in drei Personen, Vater, Sohn und Heiliger Geist.  Deshalb heisst es im Buch Genesis: Lasst u n s den Menschen machen als u n s e r Abbild, u n s ähnlich (Gen1,26).  So hat Gott den Menschen nach seinem Ebenbild als Wesen im Dialog. geschaffen. Gott setzt  sein Wesen im Menschen fort, indem er aus gleichem Ursprung ein Wesen  in Verschiedenheit schafft.  Als  Mann und Frau schuf er ihn (Gen 1,27),  berufen zum liebenden Dialog mit gleichem Ursprung in der Verschiedenheit.

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