Rainer Maria Rilke (1875-1926) hat uns aus einer eher melancholischen Stimmung eines seiner berühmtesten und schönsten Gedichte hinterlassen. Er hatte seine Frau, die Bildhauerin Clara Westhoff in Berlin zurückgelassen und war nach Paris gezogen. Das war im Herbst des Jahres 1902. Rilke war damals 26 Jahre alt.
Wenn sich auch beim Gang durch die Weinberge keine Trauben mehr finden, denn sie sind längst abgeerntet und der Sommer ist definitiv vorbei, so kann uns doch die letzte Strophe seines Gedichts helfen, in diesem manchmal tristen November irgendwie über die Runden zu kommen:.
Und so lautet sein Gedicht:
Herbsttag
Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.
Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gieb ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.
Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.
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