Die Menschen können auf viele verschiedene Arten einsam sein, jeder auf seine eigene Weise. Die einen, weil sie einsam sein wollen, die anderen, weil das Leben sie so gemacht hat. Viele sind einsam, obwohl sie Menschen um sich haben, die sie aber nicht verstehen oder nicht verstehen wollen.
Wer von uns weiß schon, was im Herzen eines anderen vor sich geht? Selbst die Nächsten und gerade sie sind oft wie ein tiefer Brunnen, auf dessen Grund wir nur schauen können, wenn einmal das Licht zufällig hineinfällt und in die Tiefen hinabreicht und auch dann sind es nur flüchtige Augenblicke bis die kleine Welle, die eine Fliege auf der Wasseroberfläche verursacht oder eine Wolke, die die Sonne verdeckt, den Blick wieder trübt
Im der BIbel im Buch der Sprüche (27,19) heisst es :
Wie Wasser ein Spiegel ist für das Gesicht, so ist das Herz des Menschen ein Spiegel für den Menschen.
Oft wünschen wir uns einen Menschen, bei dem wir in bestimmten Situationen oder gar Krisen „unser Herz ausschütten" können. Es scheint, dass in unserer Gesellschaft solche Menschen rar gewaorden sind. Der allgegenwärtige Spruch: Alles gut? blockt mehr ab als er auffordert zu sagen, wie es mir wirklich geht.
Wir alle sind ja sehr beschäftigt. Als ich neulich mit dem Bus fuhr, beobachtete ich ein junges Paar, die nebeneinander saßen und jeder für sich ins Handy schaute. Mag sein, dass das nur eine Momentaufnahme war, aber für mich in diesem Augenblick paradigmatisch für unsere Gesellschaft.
Oft werden professionelle Zuhörer in Anspruch genommen. Sicherlich ist bei den oft komplizierten Lebensverhältnissen und der großen Zahl psychischer Störungen heutzutage öfter eine professionelle Begleitung, etwa durch einen Psychologen oder eine Psychologin oder gar Psychiater notwendig.
Es fehlt aber oft an Menschen des Vertrauens, die genügend Zeit und Geduld aufbringen, damit Gespräche eine solche Tiefe erreichen, die notwendig ist, um existenzielle Probleme zu besprechen.
Für den, der glauben kann, bleibt aber immer noch Gott als Gesprächspartner im Gebet übrig,
So schreibt Papst Benedikt in seiner Encyklika Spes salvi (Nr.32)):
Ein erster wesentlicher Lernort der Hoffnung ist das Gebet. Wenn niemand mehr mir zuhört, hört Gott mir immer noch zu. Wenn ich zu niemand mehr reden, niemanden mehr anrufen kann – zu Gott kann ich immer reden. Wenn niemand mehr mir helfen kann – wo es sich um eine Not oder eine Erwartung handelt, die menschliches Hoffenkönnen überschreitet –: Er kann mir helfen. Wenn ich in eine letzte Einsamkeit verstoßen bin: Der Betende ist nie ganz allein. Aus dreizehn Gefängnisjahren, davon neun in der Isolierhaft verbracht, hat uns der unvergeßliche Kardinal Nguyen Van Thuan ein kostbares kleines Buch hinterlassen: Gebete der Hoffnung. Dreizehn Jahre in Haft, in einer Situation scheinbar totaler Hoffnungslosigkeit, ist ihm das Zuhören Gottes, das Redenkönnen mit ihm zu einer wachsenden Kraft der Hoffnung geworden, die ihn nach seiner Freilassung beflügelt hat, den Menschen in aller Welt Zeuge der Hoffnung zu werden – der großen Hoffnung, die auch in den Nächten der Einsamkeit nicht untergeht.
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