Es gibt Menschen, die uns permanent auf die Palme bringen. Kaum betreten sie den gemeinsamen Raum, gehen bei uns die Signallampen an, der Herzschlag wird schneller und wir vermeiden den Blickkontakt, um uns nicht seinen oder ihren negativen Bemerkungen oder Mienen auszusetzen. Je öfter sich das wiederholt, desto schwieriger wird es für uns, anders zu reagieren.
Zunächst ist es wichtig, uns zu fragen: Was wirkt da so nervend am Andern? Ist es seine Art zu reden, sich zu bewegen , sein Aussehen oder sind es Worte, die uns zusetzen?
Danach richtet sich unser Vorgehen. Wenn jemand oft herumschreit, kann die Frage helfen: Sind Sie heute genervt? Und wenn dann die Antwort kommt: Nein, ich bin überhaupt nicht genervt, dann kann man immer noch sagen: Dann bin ich ja froh, dass ich einmal gefragt habe. So nimmt man sozusagen etwas die Luft heraus und kann erst mal durchatmen. Aber meist trauen wir uns nicht so zu reagieren. Stattdessen bringen wir lieber schlechte Stunden und Tage im Büro oder zuhause zu.
Aber vielleicht kommt ja sogar ein Gespräch zustande, in dem der andere mehr von sich preisgibt und wir die wahren Ursachen seiner schlechten Laune verstehen. Vielleicht hat er einen Konflikt mit seinem Partner oder seiner Partnerin oder ein Kind ist krank geworden oder ganz einfach hat jemand schlecht geschlafen. Es zahlt sich aus, wenn wir versuchen, den Andern oder die Andere zu verstehen und damit zu den Motiven und Umständen vorzudringen, warum sie sich so verhalten.
Vielleicht erkennen wir auch, warum wir selbst in dem Punkt, der uns so auf die Nerven fällt, so verletzlich sind und erfahren so auch mehr über uns selbst. Oder dieser Mensch erinnert uns an jemand anderen, vielleicht sogar nahen Angehörigen, der uns als Kind einmal schlecht behandelt hat .
Von der heiligen Therese von Lisieux (1873 - 1897) wird sogar berichtet, dass sie vor einer Mitschwester, die ihr besonders auf die Nerven fiel, davonlief, wenn sie auftauchte, um nicht in die Versuchung zu kommen, eine schlechte Bemerkung zu machen. Später jedoch, als sie sich mit dieser Schwester im Gebet innerlich beschäftigt hatte, nahm sie sich vor, besonders liebenswürdig zu ihr zu sein bis dahin, dass die Betreffende eines Tages zu ihr sagte: „Ich weiß gar nicht, Schwester Therese, was sie so Besonderes an mir finden, dass sie immer so nett zu mir sind." Das ist natürlich die Hohe Schule, die wir vielleicht nie erreichen werden, die wir als Christen aber durchaus anstreben dürfen.
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