14. März - Das Zwiebelchen

Dostojewski lässt in seinem Roman „Die Brüder Karamasow“ eine seiner Figuren die Geschichte von einem bösen Weib erzählen, die in ihrem Leben keine einzige gute Tat hinterlassen hatte, so dass sie als Strafe in einen Feuersee geworfen wurde. Ihr Schutzengel stand dabei und dachte: „Ich sollte mich an eine gute Tat von ihr erinnern, um sie Gott zu erzählen.“ Und er erinnerte sich und sagte zum Herrn: „Sie hat in ihrem Gemüsegarten ein Zwiebelchen aus dem Beet gerupft und es einer Bettlerin gegeben.“ Und der Herr antwortete ihm: „Nimm also du das selbige Zwiebelchen und reiche es ihr in den See hinunter, sie kann sich daran festhalten und sich von dir herausziehen lassen, und wenn du sie aus dem See herausgezogen hast und das Zwiebelchen reißt nicht ab, darf sie ins Paradies eingehen.“

Der Engel tat so, reichte ihr das Zwiebelchen und zog das Weib daran vorsichtig aus dem See. Als die andern Sünder das sahen, klammerten sie sich an die Alte. Das Weib aber trat mit den Füßen nach den andern und schrie: „Das ist mein Zwiebelchen und nicht eures, und nicht ihr werdet hier herausgezogen, sondern ich.“ Kaum hatte sie das gesagt, als das Zwiebelchen abriss und das Weib in den brennenden See zurückfiel. Der Engel aber weinte und ging.

Der Egoist schaut eben nur auf seine eigene Rettung. Wenn es ihm gut geht, interessieren ihn die andern nicht mehr. Er will mit niemandem teilen. Wenn wir bereit sind, auch das wenige Gute, das wir haben, mit anderen zu teilen, vermehrt es sich unter unseren Händen. Dann erhalten wir mehr als wir ursprünglich hatten.

14. März "Das Zwiebelchen"