WELTKULTURERBE TRIER
Liebe Blogfreundinnen und Blogfreunde,
IM WOHNZIMMER
Neulich konnte ich nochmals im alten Wohnzimmer meiner Eltern sitzen und ließ die Jahre und Menschen an mir vorüberziehen, die einmal hier gewesen sind. Meine Eltern hatten gerne Gäste. Es waren Freunde und Bekannte aus der Jugend - und Berufszeit meiner Eltern oder auch Menschen, die sie auf Reisen kennen gelernt hatten, Verwandte, Kunden meines Vaters, der Steuerberater war und der seine Kunden oft auch in Familien - und Erbschaftsangelegenheiten sowie persönlichen Schicksalsschlägen beraten und begleitet hat.
DER WERT DER ROSE
Der Dichter Rainer Maria Rilke kam mit einer jungen Französin regelmäßig um die Mittagszeit an einem Pariser Platz vorbei, wo eine Bettlerin teilnahmslos immer am gleichen Ort saß. Nur eine ausgestreckte Hand verriet ihre Bitte. Die Begleiterin Rilkes gab der Frau häufig eine Münze, Rilke selbst nie. Er sagte: „Wir müssten ihrem Herzen schenken, nicht ihrer Hand.“
MIT GEFESSELTEN HÄNDEN
„Advent ist einmal eine Zeit der Erschütterung, in der der Mensch wach werden soll zu sich selbst. Die Voraussetzung des erfüllten Advent ist der Verzicht auf die anmaßenden Gebärden und verführerischen Träume, mit denen und in denen sich der Mensch immer wieder etwas vormacht. Er zwingt so die Wirklichkeit, ihn mit Gewalt zu sich zu bringen, mit Gewalt und viel Not und Leid. Das erschütterte Erwachen gehört durchaus in den Gedanken und das Erlebnis des Advents. Aber zugleich gehört viel mehr dazu. Das erst macht ja die heimliche Seligkeit dieser Zeiten aus und zündet das innere Licht in den Herzen an, dass der Advent gesegnet ist mit den Verheißungen des Herrn. Die Erschütterung, das Aufwachen: damit fängt das Leben ja erst an, des Advents fähig zu werden.
KIND GOTTES
Max Horkheimer (1895 - 1973), ursprünglich Marxist der Frankfurter Schule, hat einmal gesagt: Brüderlichkeit, ohne einen gemeinsamen Vater ist bloßes Geschwätz. Als über 80-jähriger, sagte er auch: Wenn es keinen Vatergott gibt, warum soll ich dann gut sein? Tatsächlich, wenn wir uns nur als Produkte der Evolution fühlen, würde nach und nach der Kampf um die besten Weideplätze unser Leben bestimmen. Ein Teil davon können wir heute schon in der Gesellschaft beobachten.
FRÜHSTÜCKSEIER
Es gibt ihn, den Kampf um das Frühstücksei am Sonntag, das Paare und ganze Familien entzweien kann. Es fängt damit an, dass sich die ganze Erwartung des Sonntags auf ein gelungenes, weiches Frühstücksei konzentriert. Zunächst muss laut Expertenmeinung das richtige Ei gekauft worden sein, denn die allerdings etwas teureren Eier mit dünner Schale lassen sich besser schälen als Eier mit dicker Schal. Wer deshalb versehentlich oder um Geld zu sparen Eier mit dicker Schale gekauft hat, ist von vornherein schon auf der Verliererstraße.
FEUER
Das Lied der weißen Rose
AUF DER PALME
Es gibt Menschen, die uns permanent auf die Palme bringen. Kaum betreten sie den gemeinsamen Raum, gehen bei uns die Signallampen an, der Herzschlag wird schneller und wir vermeiden den Blickkontakt, um uns nicht seinen oder ihren negativen Bemerkungen oder Mienen auszusetzen. Je öfter sich das wiederholt, desto schwieriger wird es für uns, anders zu reagieren.
IMMER NUR CHATBOTS
Ist es Zufall, dass alles, worüber wir uns beklagen, die Gereiztheit auf den Straßen, der Sittenverfall im Netz, die Atomisierung der Gesellschaft, die schwindende Orientierung, die Hoffnungslosigkeit der Jugend, der Abstieg liberaler Demokratien, der Aufstieg autoritärer Staaten in dem Moment begonnen hat als unsere Kommunikation anfing, digital und in Echtzeit abzulaufen? Und warum bekommt man, wenn man ein Problem mit dem Handy oder einer Flugbuchung hat, eigentlich kaum noch einen echten Menschen an den Apparat? Warum muss man sich immer mit Chatbots auseinandersetzen, die einen falsch oder gar nicht verstehen? Warum kriegt man immer seltener einen Namen, eine Adresse, eine Nummer, an die man sich vertrauensvoll verwenden kann?… Wir sehen doch, dass das Netz die Menschen nicht zusammenführt, voneinander entfernt, dass die Solidarität nicht zunimmt, sondern schwindet, dass uns der Rhythmus und das richtige Maß abhandengekommen sind, aber keiner traut sich, etwas…
GRAUER HIMMEL
Wenn wir jetzt hinausgehen in die Natur können wir uns durchaus wie Waisenkinder fühlen, die aus dem Paradies in die Unwirtlichkeit der Natur hinausgestoßen wurden. Der Himmel ist grau, die Luft nieselig, und der Fluss fließt träge und grau dahin. Die Bäume sind ohne Laub und Blätter und stoßen ihre nackten Zweige in den grauen Himmel.
ADVENT
Am Sonntag ist der erste Advent mit Lichtergirlanden in den Straßen, glitzernden Schaufenstern und auf dem Marienplatz in München wie alle Jahre wieder der Christbaum und darunter die Buden des Weihnachtsmarkts mit Glühwein und allerlei Zutaten für Leib und Magen, frommem Tand und nützlichen Sachen wie winterlichen Socken und Handschuhe aus Lammfell mit dazu passenden Mützen. Trotz Wirtschaftswachstumsschwäche und Raketen am Himmel der Ukraine ist gute Stimmung, auch mit einer gewissen Erwartung, obwohl vielen Menschen der eigentliche Grund des ganzen Trubels ncht mehr ganz klar ist und die Erwartung sich oft auf den Gabentisch und das gute Essen an Heiligabend beschränkt.
FUNDAMENTE
Gestern erschien im Münchner Merkur ein Artikel mit der Überschrift „Absagen nach Druck durch Studierende". Was war passiert? An der katholischen Hochschule der Jesuiten für Philosophie in der Kaulbachstraße in München war ein Vortrag des Heidelberger Privatdozenten für Philosophie Sebastian Ostritsch mit dem Thema „Ist Gottes Existenz eine Sache der Vernunfterkenntnis?" angekündigt, worin er sich vor allem auf Thomas von Aquin beziehen wollte. „Nach Druck von Studierenden" so heisst es in dem Artikel hat die Leitung der Hochschule Ostritsch wieder ausgeladen. „Angesichts der Begleitumstände innerhalb und außerhalb der Hochschule schien ein offener, akademischer Dialog nicht mehr möglich", teilte die Hochschule als Begründung mit, so in dem Artikel des Münchner Merkur. In einem Boykottaufruf bezeichnete eine Gruppe von Studenten Ostritsch als „rechtsextremen Fundamentalisten" und drohte mit Störungen und einer Gegenveranstaltung.
BURKHARD SCHEFFLER
Im November sind auch in Rom die Nächte manchmal recht kalt. Das wurde im November 2022 dem deutschen Obdachlosen Burkhard Scheffler zum Verhängnis. Seit Jahren dürfen Obdachlose in den Kolonnaden des Petersplatzes unterkommen und sich sogar, wenn es kalt wird, dort Zelte bauen. Burkhard Scheffler hatte das nicht gemacht und so wurde er an einem Morgen im November 2022 dort tot aufgefunden. Er war in der Nacht erfroren.
CHRISTKÖNIG
Am letzten Sonntag des Kirchenjahres, also morgen, feiert die Kirche das Fest Christkönig, das „Hochfest unseres Herrn Jesus Christus, des Königs der Welt“. Es wurde im Jahr 1925 von Papst Pius XI. aus Anlass der 1600-Jahrfeier des Konzils von Nizäa eingeführt. Dieses Konzil war ein Bekenntnis zu der Glaubenswahrheit, dass Christus als Sohn Gottes wahrer Gott und wahrer Mensch ist, wesensgleich mit dem Vater.
GESCHWÄTZ
Carl Rogers (1902 - 1987), der Begründer der personenzentrierten Psychotherapie, hat folgenden Satz geprägt: „Es ist im Leben sehr selten, dass uns jemand zuhört und wirklich versteht, ohne gleich zu urteilen. Dies ist eine sehr eindringliche Erfahrung."
REICHTUM
Das Evangelium lädt uns ein, die Wahrheit unseres Herzens zu erkennen, um zu sehen, worauf wir die Sicherheit unseres Lebens setzen. Normalerweise fühlt sich der Reiche sicher mit seinen Reichtümern, und er glaubt, dass, wenn diese gefährdet sind, der ganze Sinn seines Lebens auf Erden zerfällt. Jesus selbst sagte es uns im Gleichnis vom reichen Mann, wenn er von diesem sicheren Mann erzählt, der gleich einem Narren nicht daran dachte, dass er noch am gleichen Tag sterben könnte (vgl. Lk 12,16-21).
ONKEL RUDOLF
Am morgigen Volkstrauertag gedenken wir der Opfer der Kriege und Gewaltherrschaft. Ein Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft war Rudolf, der Bruder meiner Grossmutter. Er war im Ersten Weltkrieg in einem Schützengraben verschüttet worden und hatte dabei einen schweren Nervenschock erlitten, von dem er sich nicht mehr erholte. Er sprach nur noch vom Krieg und zitterte manchmal am ganzen Körper. Nachts wachte er schweißgebadet auf und schrie, dass man es bis auf die Strasse hörte. Er lebte bei seiner Schwester Katharina, die sich fürsorglich um ihn kümmerte. Eines Tages kam ein Schreiben, in dem verfügt wurde, dass er in eine Heilanstalt eingeliefert werden müsse. Zwei Monate später kam die Nachricht, dass er an einer Lungenentzündung verstorben sei.
ERFÜLLTER AUGENBLICK
Das Wort „ewiges Leben“ versucht, diesem unbekannt Bekannten einen Namen zu geben. Es ist notwendigerweise ein irritierendes, ein ungenügendes Wort. Denn bei„ewig“ denken wir an Endlosigkeit, und die schreckt uns; bei Leben denken wir an das von uns erfahrene Leben, das wir lieben und nicht verlieren möchten, und das uns doch zugleich immer wieder mehr Mühsal als Erfüllung ist, so dass wir es einerseits wünschen und zugleich doch es nicht wollen. Wir können nur versuchen, aus der Zeitlichkeit, in der wir gefangen sind, herauszudenken und zu ahnen, dass Ewigkeit nicht eine immer weitergehende Abfolge von Kalendertagen ist, sondern etwas wie der erfüllte Augenblick, in dem uns das Ganze umfängt und wir das Ganze umfangen. Es wäre der Augenblick des Eintauchens in den Ozean der unendlichen Liebe, in dem es keine Zeit, kein Vor- und Nachher mehr gibt. Wir können nur versuchen zu denken, dass dieser Augenblick das Leben im vollen Sinn ist, immer neues Eintauchen in…
IMMERFORT
Immerfort empfange ich mich
SANKT MARTIN
Heute feiern wir das Fest Sankt Martin mit Umzügen und Laternen. In meiner Heimatstadt Trier ritt am Martinstag der heilige Martin mit Schwert und rotem Umhang durch das antike römische Stadttor Porta Nigra und wir Kinder standen da mit unseren Laternen und sangen das Martinslied: Sankt Martin ritt durch Schnee und Wind, sein Ross das trug ihn fort geschwind... Tatsächlich war Martin im Jahre 386 in Trier gewesen. Allerdings war er da schon Bischof von Tours.
IM HAUS DES HERRN
Als Gott sich an Abraham wendet, sagt er: »Ich bin Gott, der Allmächtige. Geh vor mir und sei untadelig!« (Gen 17,1). Um untadelig sein zu können, wie es ihm wohlgefällt, müssen wir demütig in seiner Gegenwart leben, eingehüllt in seine Herrlichkeit, wir müssen vereint mit ihm gehen und seine beständige Liebe in unserem Leben erkennen. Wir müssen die Angst vor dieser Gegenwart verlieren, die uns nur guttun kann. Es ist der Vater, der uns das Leben gegeben hat und uns so sehr liebt.
FOR EVER ?
Vielleicht wollen viele Menschen den Glauben heute einfach deshalb nicht, weil ihnen das ewige Leben nichts Erstrebenswertes zu sein scheint. Sie wollen gar nicht das ewige Leben, sondern dieses jetzige Leben, und der Glaube an das ewige Leben scheint dafür eher hinderlich zu sein. Ewig – endlos – weiterzuleben scheint eher Verdammnis als ein Geschenk zu sein. Gewiss, den Tod möchte man so weit hinausschieben wie nur irgend möglich. Aber immerfort und ohne Ende zu leben – das kann doch zuletzt nur langweilig und schließlich unerträglich sein... Offenbar gibt es da einen Widerspruch in unserer Haltung, der auf eine innere Widersprüchlichkeit unserer Existenz selbst verweist. Einerseits wollen wir nicht sterben, will vor allem auch der andere, der uns gut ist, nicht, dass wir sterben. Aber andererseits möchten wir doch auch nicht endlos so weiterexistieren, und auch die Erde ist dafür nicht geschaffen. Was wollen wir also eigentlich? Diese Paradoxie unserer eigenen…
FALLENDE BLÄTTER
Die Blätter fallen, fallen wie von weit,
